Freitag, 27. September 2013

Die Möglichkeit der Unmöglichkeit. Wohnungssuche in Lyon.

Jaha. Das ist nun wirklich mal einen Eintrag wert. Und ich fürchte, er wird lang, quasi passend zur Wohnungssuche.

Die Wichtigkeit einer Wohnung ist enorm: beispielsweise braucht man eine, um ein französisches Konto zu eröffnen. Dieses braucht man beispielsweise dringend für einen Handyvertrag, diverse Einkäufe und.. richtig geraten: für eine Wohnung (Diese dermaßen durchdachte Logik! Hammer!)
Nun gut, es gibt ja nette Erasmushelpler (IStudent-Association, dringend empfehlenswert!), die ihre Adresse zur Verfügung stellen, um dir zumindest ein Konto einrichten zu lassen. Erstes Problem also gelöst. Handyvertrag damit auch, was sich als sehr nützlich für die Wohnungssuche herausstellte:
Deutsche Nummer: Anrufe: 50, angenommene Anrufe: 0, Rückrufe: 0, Antwort auf sms/email: 2
Französische Nummer: Anrufe: 50, angenommene Anrufe: 10, Rückrufe: 15, Antwort auf sms/email: 23.

Ich gebe zu, dass 50 pro Tag eventuell übertrieben ist. viel aber nicht.
In dieser Sache gleicht Lyon Berlin. Der Wohnungsmarkt ist ein hartes Flaster und für Erasmusleute erst Recht: denn wir sind laut (sind ja nur zum Feiern hier), bleiben viel zu kurz, als dass es sich lohnen würde uns ein Heim zu geben und einen garant francais (französischen Bürgen) haben wir auch nicht. Schade aber auch. Immerhin ziemlich verständlich ds Ganze: Einene deutschen Bürgen würde ich als französischer Vermieter auch nicht nehmen. Euros sind ja schließlich viel weniger wert als... Ach Moment... Sind ja auch Euros... Hm..... Mysteriös.
Wenn man jedenfalls dann mal einen Besuch hat (und das verdammte Telefonat überstanden hat, ohne sich vollständig zu blamieren und dabei sogar noch die richtige Uhrzeit UND Adresse verstanden hat) kommt man an die nächste Hürde: es gibt relativ wenige wirklich gute Wohnungen. Und die, die es gibt, die sind unglaublich schnell weg, denn es gibt verdammt viele Bewerber, die alle fließend Französisch sprechen und steinreich sind. Scheint zumindest so.

Ich muss gestehen, ich bin auch ganz schön verwöhnt gerade, ich wohne dermaßen zentral, in der schönsten Wohnung, bei den besten Mitbewohnern, für den (fast) besten Preis. Und ich will verdammtnochmal auch nix anderes mehr!

Das Problem ist nur, wenn man eine bezahlbare Wohnung, in guter Lage, mit nett klingenden Leuten gefunden hat und dort auch noch einen Besichtigungstermin ergattert, dann kann man eigentlich schon davon ausgehen, dass mit der Wohnung etwas nicht stimmt. Denn sonst wäre sie schon weg; teurer; weiter weg; nicht existent.

Da man aber ja nicht aufgibt, geht man dann hin - hofft, dass man wirklich die richtige Uhrzeit und Adresse aufgeschrieben hat - und stellt sich unter ständigem Grinsen und "Ah ouuuiiiii c'est parfait, j'aime l'appartment!! Ouuuuiiiii je le voudrais prendre immédiatement!!!" vor und hofft inständig, dass sie nicht merken, wie verdammtnochmal egal es einem inzwischen ist, ob das Zimmer hell und ruhig ist oder der Abwasch noch in der Küche steht. Im Ernst, in einigen Fällen war ich kurz davor, den Abwasch einfach still und heimlich zu machen, damit sie mir das Zimmer geben.

Das heißt nicht, dass die Zimmer besonders schön wären und man sie deshalb wollen würde. Ich bin nur leider im Oktober wieder obdachlos und nicht so richtig darauf erpicht, mir die Brücke neben dem Quai mit meinen Mitleidenden zu teilen (wobei das da sehr schön eingerichtet ist, kein Spaß!).


Im Gegenteil, ich hatte bisher 3 Zimmer ohne eine 4. Wand, also im Grunde nur eine Erweiterung des Wohnzimmers/der Küche für 400€ (was stimmt denn nicht mit denen, mal ehrlich), 4 Wohnungen, die einfach überall mit alten Möbeln vollgemüllt waren (hochkant und kaputt, Zitat: "Joa, die kommen dann irgendwann noch weg") und eine Wohnung mit einem Keller, der aussah wie die alten Burggemäuer in alten Ritterfilmen (ich war mir zunächst unsicher, ob es eine gute Idee sei, allein mit dem Rastafari in den dunklen etwas folterartig-aussehenden Keller zu gehen aber wie ich schon sagte, mir ist inzwischen ziemlich viel egal). Nach dem Kellerrndgang wurde mir dann von dem etwas bekifften Mitbewohner erzählt, dieser diene vornehmlich zum Feiern von stadtbekannten Electroparties, ob ich denn was gegen sehr laute Musik hätte... 
Die Krönung war allerdings ein """Zimmer""" für 380 €, was aus einem Hochbett im Flur mit einem Vorhang davor bestand. Ach nein, Moment, ein Tischchen gehörte auch noch dazu.

Man könnte glatt anfangen, sich zu fragen, ob die anderen Erasmusleute es richtig(er) machen, denn die sind inzwischen (fast) alle bei Pärchen oder Familien untergebracht. Einige haben auch ein Studentenwohnheim oder ein Appartment weiter im Stadtkern. Aber ich bin nun mal leider Leonie und wohne in der schönsten Lage, bei den nettesten Menschen und ich will verdammtnochmal eine Wohnung direkt am Wasser (Himmel, da ist man schon mal hier, ich will Boote sehen!) die nahe an meiner Uni ist aber im Grunde auch nur auf der einen Seite des Wassers, weil ich die andere Seite nicht so schön finde, mit coolen Mitbewohnern in meinem Alter für unter 400€. Denn ich will ja schließlich morgens am Wasser joggen können, ohne erst 10 Min laufen zu müssen, hin und wieder mal Leute (jaha ihr!) beherbergen, nach der Party einen kurzen Nachhauseweg haben, mich zuhause fühlen und dabei reich bleiben. Klingt doch machbar... Oder...? ;)

Klingt es tatsächlich, denn ich wäre ja nun mal nicht Leonie, wenn ich nicht genau dieses Örtchen gefunden hätte. Mit einem zauberhaften Mitewohner, der eine genauso große Affinität zu Disney und Babykatzen (wir wollen uns eine anschaffen) hat wie ich. 

Nicht, dass es leicht gewesen wäre, diese zu bekommen... Denn schließlich musste der Vermieter erstmal den Bürgen akzeptieren... Aber die Mama is ja leider deutsch... "Naja", dachte ich mir kämpferisch, "geh ich mal zur Bank und frage da nach". Gesagt getan, Bank wollte auch helfen. Vermieter n'a accepté pas. Also zu einer Organisation, die Studenten bei sowas hilft. Wollte der nette Herr Vermieter aber auch nicht... Während ich immer verzweifelter wurde und D. mein zauberhafter Coloc mir beruhigend das Bein tätschelte und mir eindringlich zuraunte, ich solle jetzt bloß keine Tränen zeigen, dämmerte mir, dass ich in 2 Tagen ausziehen müsste und ich NICHTS hatte außer ein paar Couches von Freunden (was ja im Grunde schon mal die halbe Miete ist aber irgendwann reicht das Rucksackleben eben auch). Vom Kampfgeist war jedenfalls nur noch ein verzweifelter Schleier übrig und ich kroch zum Internat. Office (ja, so verweifel war ich, dass ich sogar DAS probieren wollte). Nachdem ich der freudig strahlenden Dame am Empfang ("ooooh Deutsch? Ich sprechen un petit peu Deutsch!") endlich zu verstehen gegeben hatte, dass ich wirklich gerade keinen Kopf für Plaudereien habe, stand ich also mal wieder vor Frankreichs (Zitat einer Person, dessen Namen ich nicht nennen werde) "biggest bitches" und fragte flehentlich nach Hilfe. 
Nachdem die unglaublich kompetende Dame mir sagte, dass wir eben deswegen früher nach Wohnungen schauen sollte (Nun ja, 4 Monate ist nun wirklich sehr knapp bemessen...), und eine (nicht für mich zuständig seiende) Dame ihr vorschlug, sie könne mir ja wenigstens die Nummer der oben erwähnten Organisation raussuchen (danke, Google kann ich schon...), gab sie mir widerwillig einen Zettel, den ich ihr aber zurückgab mit der Erklärung, die hätte ich schon kontaktiert, das wäre auch keine Lösung.
Sie starrte mich fragend an und auf meine wiederholte Frage, ob es nicht irgendjmd gäbe, der mir helfen könne, antwortete sie nur pragmatisch "C'est pas mon metièr donc pas mon problème. Désolée." ("Nicht meine Aufgabe, also auch nicht mein Problem, sorry.") Vielen dank auch liebes I.O. Team (encore un fois...) ihr seid WAHRHAFTIG im falschen Beruf gelandet.

Zum Glück halfen auch hier die IStudent-Leute, die sich innerhalb 5 Min bereit erklärten, meinen Vermieter anzurufen und ihm das Problem zu schildern und - siehe da: eine Lösung tat sich auf, Vermieterchen akzeptierte plötzlich 2 Bürgen (sprich zwei Menschen, die wenig verdienen) und weil die IStudent-Leute einfach nur großartig und vor allem großherzig sind, bürgten auch gleich 2 von ihnen für mich. (Verdammt mutig, für eine Fremde zu bürgen! Hut ab und danke!)

Lange Rede kurzer Sinn: ich habe ein Zuhause :) Zwar fehlen noch die Möbel aber wie ich zu denen komme (kommen werde) dazu in einem der nächsten Posts, ich habe da schon so Ideen (Kampfgeist ist wieder da)



Haustür auf: Ausblick (und persönlicher Lieblingsplatz in Lyon)

ich wohne 20 Meter weiter rechts. :)
Mein Nachtleben vor der Tür: Partyschiffe.




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